Rezension: Paulo Coelho – Aleph
Informationen
Gebundene Ausgabe – 309 Seiten
Erschienen beim Diogenes Verlag am 3. Januar 2012
ISBN: 3257068107
Originaltitel: O Aleph
Preis: 19,90 €
Inhalt
Der weltberühmte Autor berichtet von seiner Reise der Selbstfindung und seiner Suche nach seinem eigenen Reich. Aus unerfindlichen Gründen ist er schon lange unglücklich, obwohl er alles in seinem Leben erreicht hat, das man sich vorstellen kann – er ist glücklich verheiratet, erfolgreich und muss sich keine Gedanken um seine Zukunft machen. Doch er scheint seine Verbindung zu Gott verloren zu haben. Also fasst er einen Entschluss: Er tritt eine Reise an, die ihn nicht nur quer durch den ganzen asiatischen Kontinent führen wird, er reist auch in sich selbst, in seine Vergangenheit, um Fehler, die er in vergangenen Leben begangen hat, wieder gut machen zu können. Auf dieser Reise begegnet ihm die Geigenspielerin Hilal, die unerwartet genau der Schlüssel zu dem zu sein scheint, was er sucht.
Meine Meinung
Paulo Coelho, das ist wohl ein Name, den sehr viele Menschen kennen, denn dieser Autor zählt zu den bekanntesten der Welt. Trotzdem ist “Aleph” das erste Buch, das ich von ihm lese und das ich auch mit sehr hohen Erwartungen begonnen habe. Eine Reise auf der Suche nach sich selbst – das klingt nach einer interessanten Erfahrung und weil ich hier die Möglichkeit haben sollte, gleichzeitig noch etwas über den Autoren zu erfahren, schien dieses Buch genau das Richtige für mich zu sein.
Leider wurden meine Erwartungen aber enttäuscht. Generell hat das Buch einen sehr harmonischen und flüssigen Schreibstil und auch die Länge der Szenen fand ich sehr angenehm. Den generellen Gedanken und die Idee mit der Transsib fand ich dabei schon von vorn herein sehr toll, weil eine Reise in sich selbst manchmal auch nur funktioniert – und da stimme ich dem Autoren zu – wenn man sich vom Bekannten löst und nicht nur das Unbekannte in der Welt, sondern gleichzeitig auch in sich selbst sucht. Die Entwicklung der verschiedenen Charaktere, die ihn während dieser Reise begleiten hat mir ebenfalls gut gefallen, man spürt, wie die Atmosphäre von genervt und angespannt wechselt und man sich sogar an das ewige Ruckeln des Zuges gewöhnt, es sogar fast schon vermisst, wenn man einen Zwischenhalt einlegt und wieder “festen Boden” unter den Füßen hat. Der Roman hat mir auf jeden Fall Lust auf eine ebenso große Reise gemacht.
Leider gibt es neben diesen positiven Fakten aber auch vieles, das mich weniger angesprochen hat. Im Vordergrund natürlich die Philosophie und die Weltansicht des Autoren. Was ich anfangs noch als interessant empfand, wurde im Laufe der Zeit mit dem Lesen immer müßiger. Ich verstehe und toleriere die Meinung eines jeden, was den Glauben betrifft und auch die Gedankengänge des Autoren konnte ich in diesem Buch zumindest verstehen, auch wenn ich auf vielen Ebenen nicht gleicher Ansicht bin wie er. Was mich aber massiv gestört hat war, dass er eben genau diese Gedanken und diese Weltanschauung nicht als seine eigenen Ansichten vermittelt hat, sondern als vollkommene Wahrheit dargestellt hat – es wirkte teilweise bei seinen Reden schon fast, als empfände er sich selbst als Propheten oder etwas in der Richtung. Dem Leser wird nicht selbst überlassen, ob er die Lehren dieses Buches annimmt, sie werden ihm nahezu aufgezwängt, es gibt keinen Zweifel an dem, was Coelho sagt und dabei wirkt er immer mehr belehrend und zurechtweisend – den ganzen Roman über. Das hat mir während des Lesens ein sehr unangenehmes Gefühl beschert, denn ich bin jemand, der gern selbst denkt, der für sich selbst entscheidet, ob er Aussagen als wahr annimmt und ihnen zustimmt, oder eben nicht. Dafür bietet dieses Buch nicht den geringsten Platz.
Zu dieser belehrenden Grundstimmung des Werkes kommt das Umfeld, das ich selbst einfach als unglaubwürdig empfunden habe. Immer, wenn er beginnt, seine Reden über das Leben, all unsere Wiedergeburten und Gott zu schwingen, gibt es nie den leisesten Anflug von Diskussionen, die hier entstehen würden, im Gegenteil, alle hängen wie gebannt an seinen Lippen und wundern sich nicht einmal über die abstrusesten Gedanken, die er äußert. So entstanden in meinen Augen sehr aufgesetzte, seltsame bis teilweise paradoxe Szenen, die ich dem Autoren einfach nicht abkaufen konnte. Beispielsweise als er einem Fremden gegenüber etwas über Hilal erzählt und darüber, dass er sie schon seit über 500 Jahren lieben würde – und nicht einmal dieser Fremde etwas dazu sagt oder überrascht reagiert.
Der Autor als “Protagonist” in diesem Werk wirkte aufgrund des allwissenden Tones, den er immer wieder anschlug zuletzt einfach sehr unsympathisch, besonders in Szenen wie der, als sein Übersetzer mit ihm zu einem Schamanen fährt, um ein spirituelles Ritual durchzuführen und Coelho nur keine Lust darauf hat, weil er der Meinung ist, er wüsste sowieso schon alles, was dieser Schamane auch wüsste. Die teilweise schon überhebliche Grundeinstellung des Autoren hat mir zusätzlich den Lesespaß genommen. Selbstverständlich ist Paulo Coelho ein unglaublich erfolgreicher und auch kluger Mann, das möchte ich hier gar nicht anzweifeln. Er hat sehr viel erreicht – mehr als sich andere von uns erträumen können und ich bewundere ihn auch dafür, dass er so fest zu seinem Glauben und seinen Ansichten steht. Trotzdem ist mir die zurechtweisende Art, in der er eben diese Weltanschauung vermittelt, nicht sehr sympathisch.
Fazit
Insgesamt fällt mir die Bewertung mit Sternen immer sehr schwer. Ich muss dazu sagen: Ich habe auch schon Bücher mit 2 Sternen bewertet, die qualitativ um einiges schlechter waren als dieses hier, ich leugne natürlich nicht, dass mir der Stil und auch die Idee dahinter gut gefallen haben. Der Grund für mich, trotzdem nicht mehr als 2 Sterne zu vergeben ist der, dass mich dieses Buch in keinster Weise emotional berührt hat. Ich habe nicht das Gefühl, weiter gekommen zu sein, bin um keine neue Wahrheit oder Erkenntnis reicher. Viel mehr hatte ich während des gesamten Buches das bedrückende Gefühl, die Weltanschauungen und Erkenntnisse eines anderen aufgezwungen zu bekommen – hier wurden nicht nur Türen zu neuen Gedanken geöffnet: man wurde hineingestoßen und eingesperrt. Das hat einen eher faden Beigeschmack hinterlassen.
Empfehlen würde ich dieses Buch nur denen, die eine ähnliche Meinung zu Spiritualität, Gott, Reinkarnationen und den Lauf des Lebens haben, wie der Autor
“Aleph” erhält von mir 2 von 5 Sternen
Vielen Dank an Blogg dein Buch und den Diogenes Verlag, die mir dieses Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben.
wirklich schade =(
Ich finde das Thema vom Buch auch sehr interessant, aber wenn man sich eher eingeengt fühlt…mh, naja. Da hätte ich wohl mehr erwartet.
Ich habe es nicht gelesen und kann es auch deshalb nicht so wirklich bewerten, das ist nur mein Eindruck von Deiner Rezension.
Liebe Grüße
Belora
Danke :) Ich wüsste auch gar nicht mehr, wie ich mir meine Freizeit ohne Kamera vertreiben sollte! :D
Ich hab bisher erst ein Buch von Paulo Coelho gelesen und das hat mir relativ gut gefallen..jetzt hab ich aber mehrfach gehört, dass Aleph nicht so top sein soll :D Also werd ich das auch nur lesen, wenn ich gar nichts anderes im Auge hab…
Dito, dito, dito. Bei mir hat es die Reise noch geschafft, das ganze um 0,5 Sterne mehr aufzuwerten, aber ansonsten war es wirklich gaaar nicht meins. Ich hab aber in der FAZ eine echt geniale Rezension dazu gelesen – da musste ich echt lachen, auch wenn sie sehr böse ist. Aber sie ist einfach so wahr!
Das ist er, falls du ihn dir mal durchlesen willst:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/paulo-coelho-aleph-das-faengt-ja-sensationsluestern-an-11605945.html
waauw dein hintergrund vom blog ist mega geil!!!
love delasheela.blogspot.com