
Ich bin nicht der Mensch, der sagt “Ich kann heute nicht rauskommen, ich muss schreiben” und ich bin auch niemand, der ständig von seinen Romanen erzählt – zumindest nicht im “realen Leben”. Um genau so sein spreche ich so gut wie nie darüber, weil ich jedes Mal das Gefühl habe, dass es niemanden interessiert. Ich sage nicht, dass ich aktuell in Gedanken immer nur woanders bin, spreche nicht über meine Planungen, über meine Charaktere und darüber, dass ich mich jeden Tag vor mein Dokument setze und mir das Herz blutet, weil es immer wieder schwer fällt, all das durchzuziehen. Weil es mich unglaublich viel Kraft und Konzentration kostet, mir immer wieder Ziele zu setzen und sie bis zum Ende durchzuhalten, mir immer wieder Herausforderungen zu stellen, mir Steine in den Weg zu legen, um sie dann irgendwie zu umgehen. Ich spreche nicht darüber, dass ich an einigen Tagen vor Motivation nur so strotze, um an anderen an meinen eigenen Anforderungen zusammenzubrechen und ich spreche gewiss nicht darüber, dass mir die Texte und das Schreiben – dass mir das so viel bedeutet, dass ich ohne all das vermutlich nicht wirklich glücklich würde leben können. Weil ich denke, dass sie manchmal das einzige sind, das mich davon abhält, zu viel über die Welt nachzudenken, in der ich lebe, zu viel an mir selbst zu zweifeln, weil ich mich Tag für Tag vorantreibe. Über all das spreche ich nicht. Ich sage, auf die Frage “Und, was machst du so den ganzen Tag?” nur “Schreiben” und lache, als würde ich mich dafür schämen – und alle lachen mit und das Gespräch zieht seine Runde. Und ich sage auf die Frage “Was hast du in letzter Zeit so gemacht?” nur “Meinen Roman beendet” und alle nicken mit einem knappen “Aha” und dann geht es an die interessanten Sachen, nämlich “Und, was macht das Studium?” und “Und, wie gehts deinem Freund?” und ich muss über all die Dinge sprechen, vor denen ich mich sonst am liebsten verstecken würde.
Und ich weiß nicht, ob ich mich über die Menschen ärgern soll, die sich einfach nicht für das interessieren, was ich mache – es nicht bemerken, dass ich eigentlich gern darüber reden würde, aber nicht den Mut dazu aufbringe – oder ob ich mich über mich selbst ärgern soll, weil ich immer und immer wieder zu feige bin, um allen zu sagen, wie es wirklich ist – was nicht wirklich bewegt. Weil es am Ende eben nicht nur “Ach, ich schreibe eben den ganzen Tag” ist. Sondern eher “Ich setze mich vor das Dokument und schreibe, bis ich vollkommen leer bin. Bis ich nichts mehr denken und einfach nur noch schlafen will.”
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Deine Kunst, die Transformation Deiner Gedanken, wäre für mich als Dein Gegenüber weitaus interessanter, weil Deine Imagination mir viel mehr über Deine Realität verriete, als dieser belanglose und langweilige Smalltalk. Bedauerlicherweise werden wir, die wir hauptsächlich mit unserer eigenen Gedankenwelt arbeiten, selten darin verstanden. Am Wichtigsten erscheint es mir, sich von solchen Einflüssen nicht demotivieren zu lassen. Aber das ist sicherlich leichter gesagt als umgesetzt.
Ich bin immer wieder baff, mit welchen wundervollen Worten du deine Gedanken und Gefühle beschreiben kannst. Würde ich auch gerne können :)
Und ich verstehe nicht, wieso sich keiner aus deinem Umfeld dafür interessiert. Würde ich mit jemandem sprechen, der ein Buch schreibt oder noch besser: ein Buch zu Ende geschrieben hat, dann würde es mich brennend interessieren, worum es in diesem Buch geht und ich würde ihn mit Fragen löchern. Vielleicht liegt es auch daran, dass Bücher ein Teil meiner Welt sind und für “Nicht-Leser” ist es nicht so interessant..Aber überraschen tut es mich trotzdem.
Hallo, ihr beiden. Ich bedanke mich natürlich erst einmal sehr dafür, dass ihr den Eintrag gelesen habt und meine Gefühle irgendwie verstehen könnt. Gut, ich weiß, dass ich selbst sehr verhalten mit dem Sprechen über das Schreiben umgehe, aber ich bin eben jemand, der nicht unbedingt den Mut und das Selbstbewusstsein besitzt über so “tiefschürfende” Dinge aus dem Nähkästchen zu sprechen. Trotzdem ist es schon sehr verletzend, dass sich trotzdem niemand die Mühe macht, genauer nachzufragen oder etwas in der Art, ja. Es stimmt, dass viele meiner Freunde nicht sehr viel lesen, aber hm. Etwas komisch ist es trotzdem jedes Mal – und jedes Mal ist es auch immer wieder schwer, mich davon nicht allzu sehr runterziehen zu lassen, ja.
Es liest sich allerdings auch ein bißchen so, als sei Dein eigener Impetus fraglich.
Wenn Du, wie Du schreibst, so lachst, als ob Du Dich dafür schämen müsstest, ist es im Rahmen einer freundschaftlichen Unterhaltung nahezu eine soziale Verpflichtung, das Thema zu wechseln.
Insofern befeuerst Du in einer solchen Situation natürlich gerade, dass niemand mit Dir darüber redet.
Grundsätzlich glaube ich aber auch nicht, dass Dir besonders viel Verständnis entgegengebracht werden könnte.
Ich selbst stecke gerade mitten in einer Schreib- und Leseblockade, die verdammt heftig ist. Kaum einer kann das ermessen. Weder die Ursachen derselben (Selbstzweifel, fast bis zur Selbstzerstörung) noch den damit einhergehenden Verlust, der für jemanden, der seiner Oma schon als Kind Geschichten erzählt hat, beträchtlich ist.
Ich denke auch nicht, dass jemand, der nicht selbst als Künstler in irgendeiner Weise etwas kreiert, jenes wunderbare Hochgefühl nachempfinden wird, wenn sich eine Geschichte mit facettenreichen Charakteren langsam im Kopf zu entwickeln beginnt.
Es wird immer irgendwann der Punkt kommen, da das Gegenüber ein wenig ratlos ob der eigenen Emotionen ist.
Das ist nun mal das Los, das unsere Wesensart (Du kannst es »Talent« nennen; ich meide diesen Begriff gerne, da er an schlechten Tagen auch gut zur Selbstverletzung dienen kann) mit sich bringt.
Es gibt einige Leute, die ich im Laufe der Zeit getroffen habe, die das erahnen können – größtenteils Schauspieler. Und da findet eine wunderbare wechselseitige Befruchtung statt.
Bei anderen Autoren hatte ich häufig das Gefühl, dass da immer irgendein Konkurrenzgedanke mit `reinspielt, der auf mich sehr befremdlich wirkte.
Aber vom Grundsatz glaube ich, dass Du versuchen solltest, Dich mehr mit Künstlern zu umgeben.
Die Bewertung einer Arbeit oder Tätigkeit ist immer eine Frage der sozialen Umgebung. So auch hier. Insofern gibt es keine Begründung, Dich von einer Reaktion `runterziehen zu lassen, die primär Ursache mangelnden Verständnisses ist.
Was du da sagst klingt irgendwie völlig verdreht :o Ich stelle es mir so vor, dass Leute interessiert reagieren wenn du durchblicken lässt, dass du gerade einen Roman schreibt. Ich meine, wie vielen Leuten begegnet man im Leben die das ernsthaft tun? Finde ich jedenfalls sehr bewundernswert. Und auch wenn es die meiste Zeit sehr anstrengend ist, ist es am Ende bestimmt auch wunderschön, wenn man sein eigenes Werk in den Händen hält und es etwas ausstrahlt und von einem selbst weitergibt.
Ich weiß (leider) genau, was du meinst, Marie. Manche Menschen wissen nicht, wie sie da nachfragen sollen, wie sie darauf reagieren zu reagieren haben, also negieren sie das einfach, obwohl sie damit ihrem Gegenüber im Grunde das Reden darüber madig machen, weil man natürlich denkt, dass es an einem liegt und dass niemand dafür Interesse aufbringen kann.
Bei mir ist das auch bei vielen Menschen so, die mich etwas fragen und ich mach eine Art witzig gemeinten Autoren-Kommentar und die sehen mich an, als wäre ich von einem anderen Stern. Ich reagiere aber auch sehr knapp auf Antworten bei bestimmten Leuten – wenn dann nicht nachgeharkt wird, sitze ich auch bloß noch da und hasse, hasse, hasse mich.
Ich habe mit der Zeit für mich selbst entschieden, nur noch zu erzählen, wenn ich explizit gefragt werde – und dass ich schreibe lasse ich subtil durchblicken, indem ich Fragen ehrlich beantworte aber niemanden dazu zwinge, sich dafür interessieren zu müssen – ich wechsle das Thema dann einfach, bis nicht mehr ich reden muss, sondern die andere Person.
Noch viel schlimmer als die, die kein Interesse zeigen, sind die, die so tun, als würde das vollkommen einfach sein, so von wegen: Ach, du schreibst Bücher? Kann ja jeder – oder welche, die dir Tipps geben, obwohl sie selbst keine Ahnung haben, wie: Lies mal dieses und jenes Buch, das hat der und der gelesen und soll ihm beim Schreiben dieses und jenes Buches geholfen haben. Oder Leute, die sagen, man solle doch etwas Anständiges machen, denn mit dieser “Schreiberei” verdient doch keiner was.
Ich will dann am liebsten weinen und um mich schlagen und schreien. Wenn ich kann, gehe ich dann einfach weg oder lass die Leute reden und seh woanders hin, bis sie das Interesse daran verlieren, mich runterzuziehen.
Ich denke, ich verstehe dich und das wird nicht einfach so besser, aber ich schwöre dir, dass es genug Leute gibt, die dich und deine Texte kennen und sich darum scheren und immer fragen werden, wie es dir geht und wie das Schreiben läuft und welcher Charakter dich gerade am meisten nervt und welches Wort du am meisten wiederholst.
Juls
du schreibst so schön! bin gerade auf deinen blog gestoßen und will dir jetzt einfach nur sagen dass du bitte nicht damit aufhörst! egal was passiert oder wer was sagt, du schreibst wirklich gut und künstler sind eben nicht so gut in dingen “alltag” :) dass was du machst ist fantastisch :) großes lob.
Oh, ich danke euch allen wirklich vielmals für eure Worte. Ich weiß, dass ich – eben durch mein Verhalten – vielleicht auch oft selbst Schuld daran bin, dass die Menschen mich nicht unbedingt über mein Hobby ausfragen. Trotzdem denke ich, dass ich genau diesen Druck manchmal brauchen würde, denn wenn man mir das Gefühl gibt, dass es okay ist, darüber zu sprechen, dann tue ich es auf jeden Fall auch gern – wenn ich mich dabei denn wohlfühle. Das gibt es, wenn auch nur ganz vereinzelt, ja auch.
Am Ende denke ich aber, dass ich mich damit werde abfinden müssen, dass es nicht sonderlich viele Menschen gibt, die mit diesem Hobby etwas anfangen könne. Hm.