Es gab diesen Moment, ab dem ich mich gefragt habe, ob es vielleicht so ist, dass ich nach meiner Geburt bereits begonnen habe zu sterben. Egal wie wir unser Leben leben – ob wir rechtschaffen sind oder Verbrecher, ob wir einen großen Freundeskreis haben oder keinen, ob wir 40 Stunden in der Woche arbeiten oder gar nicht – der Tod ist das finale Ziel. Was wir ändern können ist die Qualität unseres Lebens, aber nicht sein Ende. Ebenso wie wir darüber entscheiden, wie wir unseren Tag gestalten, aber nicht das Unumkehrbare verhindern: dass er endet. Der Tag endet, wie wir enden. Immer. Wir hören vom Anfang bis zum Ende nie auf, es zu tun, auch wenn wir uns dessen nicht immer bewusst bin.

 

Mehr als oft genug stelle ich mir die Frage nach dem Warum. Nicht nur Warum sterben wir?, sondern  vor allem dieses Warum lebe ich? Denn eigentlich – eigentlich – bin ich zufrieden mit meinem Leben. Ich liebe meine Familie, meine Freunde, meine Hobbies. Ich liebe all das, was ich schaffe und geschaffen habe, ich liebe es, dass ich oft unzufrieden bin, weil es mich dazu antreibt und mich dazu motiviert, mich immer weiter zu verbessern. Wie kann es also sein, dass sich das alles – in jeder Minute, in jeder Sekunde – irgendwie wie sterben anfühlt? Lese ich ein Buch, tanze ich auf einer Party, lache ich mit Freunden, liege ich in meinem Bett; egal was, ich sterbe. Immer.

Es ist, als würde ich mich an einigen Tagen selbst im Spiegel ansehen und wissen, dass ich nie wirklich werde glücklich sein können, wenn ich glücklich bin. Dass ich es nicht kann, oder nicht will, vielleicht, weil ich zu viel Inspiration aus dem Zustand der Melancholie ernte, vielleicht, weil verborgen in irgendwelchen Winkeln immer Zweifel lauern – irgendetwas muss es sein. Und es ergibt sich daraus ein so tiefes Gefühl der Machtlosigkeit, weil ich weiß, dass das Problem nur bei mir liegt; weil ich weiß, dass vieles so viel einfacher, so viel leichter sein könnte, wenn ich imstande wäre, mich und alles so zu akzeptieren, wie es ist. Weil ich weiß, dass ich ein gutes Leben habe – kein perfektes Leben, aber eines, mit dem ich vollauf zufrieden bin -oder sein sollte.

Ich tue gute Dinge, ich tue dumme Dinge, ich lache und ich weine, ich ärgere mich über mich, über andere, über die Welt, und im nächsten Moment habe ich alles bereits vergessen und plane das Morgen. Und doch ist es so, dass da ein nicht zu beseitigender Teil meine Selbst ist, der mich hasst und den ich hasse; und er fragt Warum lebe ich überhaupt noch?
Warum lebe ich überhaupt noch.

1 Kommentar
  1. lichtwirrwarr
    lichtwirrwarr sagte:

    Gefühle zu vergleichen ist immer schwer, aber was du schreibst, ist nicht sterben. Tanzen, lesen und lachen, aber auch weinen und ärgern klingt für mich nach allem Anderen als sterben. Das ist das Leben mit all seinen Facetten, den guten und den schlechten.

    Ja, jeder Tag und jedes Leben endet, das ist es, was jeden Tag und das Leben so wertvoll macht. Natürlich stellt sich die Frage, warum etwas anfangen, wenn es sowieso endet? Ich beantworte die Frage jetzt ganz schlicht, für die ganzen schönen Momente, die zwischen Anfang und Ende, jedes Tages und jedes Lebens auf einen warten.

    Auch wenn wir enden, wie jeder Tag endet, so ist das Ende gleichzeitig auch immer Anfang. Wie jeder neue Tag etwas vom vergangenen Tag erbt, so geben auch wir unsere Gedanken und Ansichten weiter, die somit in anderen keimen und leben. Anderen Menschen, Freunden, Familie, Bekannten, Bekanntschaften und wenn unsere Worte weit genug getragen werden auch Fremden.

    Und du scheinst mir für das Schreiben zu leben, so dass deine Gedanken und Worte weiterleben, auch wenn deine Hülle irgendwann nicht mehr existiert.

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