Was in dieser Welt lehrt uns noch leben, wenn wir selbst nicht mehr in der Lage sind, einzuatmen und das Sein in eben den Wogen und Wellen zu erfassen, in denen es über uns strandet; in seinen warmen Farben zu schmecken und in seinen zarten Winden zu spüren, was uns ausmacht. Was in dieser Welt soll uns noch leben lehren, wenn der Wind unserer Gedanken still über der Küste liegt, wo er doch wirbeln und mit der Brandung tanzen sollte; wenn der Baum unseres Herzen schon so lange kahl und welk auf grünenden Wiesen steht, als hätte er ganz vergessen, dass er selbst auch ein Teil des Lebens sein kann.
Welche Weisheiten verbergen sich unter unserer alten Haut? Im grauen Geflecht unserer Gesellschaft, unserer Gemeinschaft, das niemand mehr zu sehen vermag. Nähme man uns alles, was wären wir dann? Wer wären wir ohne alles, das wir je besessen haben? Wären wir mehr als wir jetzt sind, oder wären wir weniger? Wären wir noch wir? Oder wären wir vielleicht viel mehr wir als wir es jetzt je sein könnten?
Wir. Das klingt viel ewiger als Ich. Es klingt nach langen Nächten und lautem Lachen. Nach einem barfüßigen Spaziergang durch einen nächtlichen Sommerregen und dem Geschmack nach Rauch und Wein. Nach dem Gefühl von feuchtem Gras unter der müden Haut und dem Bild der Sterne weit über uns. Dem endlosen Bild der Sterne.
Nimmt man uns alles, sind wir irgendwann weniger als wir jetzt sind. Oder mehr. Nimmt man uns alles, werden wir vielleicht mehr sein als ein starrer Wind über tobenden Meeren. Mehr als ein Baum der nicht blüht, mehr als ein Schatten, der nicht wächst. Mehr als ein Tag, der nicht aufgeht. Mehr als ein Mensch, der nicht lebt.
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