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Der Kern aller Dinge

Ich brauche einen Kern zum Überleben. Aber jeder Kern, den ich mein Eigen nenne, zerbricht. Noch bist du das Zentrum meiner Gedanken. Aber zerbrichst du, falle ich in den Kern der Erde, bis sie in ihrer Rotation stoppt, weil sie mein Gewicht nicht tragen kann; bis nichts mehr sie zusammenhalten kann und ihre Überbleibsel in Trümmern ihre Bahnen ziehen. 
Dann falle ich in den Zentrum des Sonnensystems, die Sonne, bis meine Energie sie überhitzt und ihr Tod alle Planeten mit in den Abgrund der Leere reißt. Hat der Staub des sterbenden Sterns sich gelegt, falle ich in das Zentrum der Galaxie; in dieses große schwarze Loch, das alles um sich herum verschlingt, bis ich es und all die Dimensionen, in die es vielleicht führt, vertilgt habe.
Falle ich dann in den Kern der Atome, wird die Materie zu schwer, um sich noch formen zu können, und das All zerfällt. Woran würden die Seelen sich binden, wenn es keine Körper mehr gibt, die sie beherbergen können? Keine Menschen, keine Quallen und keine Bäume, die ihre sterbenden Gedächtnisse konservieren?
Sie brechen um und ich ich falle an ihnen vorbei in den Kern des Systems – an den Ort, an den ich schon immer zu gelangen versuchte und der mir doch als einzigem Wesen immer verwehrt blieb. Falle ich mit ihm zusammen, tanzen wir den ewigen und schrecklichen, den liebevollen und Grausamen Tanz, den ich mir schon so lange herbeisehne. Falle ich mit ihm zusammen, verschlinge ich ihn mit Haut und Haar und werde mich gleichzeitig von ihm verschlingen lassen, bis alles, das es je gab, alles, das es gibt, und alles, das es je hätte geben können, sich in einem Strudel knapp um den Ereignishorizont sammelt. 
Und wenn das Sein in uns stürzt, werde ich ewig sein. 
Weltasche, Kapitel 15
4 Kommentare
  1. Duftpoesie
    Duftpoesie sagte:

    Hallo Polykristall,
    bin eben über deinen tollen Blog gestoßen und finde das was du schreibst. Bisher einfach zu selten gefunden. Mich reizt auch dein Buch und ich finde toll, dass du es selbst verlegt hast, dass mit den Verlagen ist immer schwierig aber nicht unmöglich. Ich persönlich schreibe für mein Leben gerne, es ist mein Leben und ich hoffe, ich nehme irgendwann meine Arbeit wieder auf und schreibe an meinem Buch weiter. Deines werde ich mir heute Abend zulegen.

    Bin dir nun auch gefolgt und freue mich auf einen Gegenbesuch. :-) Und hoffentlich regen Austausch.

    Liebste Grüße.

    Antworten
  2. Polykristall
    Polykristall sagte:

    Hallo meine Liebe,
    ich freue mich wirklich, dass du auf meinen Blog gestoßen bist und es dir so gut gefällt. Danke, wirklich ♥ Ich freue mich immer, wenn ich Menschen kennenlerne, die ebenfalls leidenschaftlich Schreiben :)

    Liebe Grüße
    Marie

    Antworten

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